Zirkus "Der Zirkus wird abgeschafft!" (Ursus & Nadeschkin)

CircusfotoGraf

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In den sozialen Medien wird derzeit heiß ein Satire-Beitrag des Komiker-Duos "Ursus & Nadeschkin" (viele erfolgreiche Engagements beim Schweizer National Circus KNIE) über die Zukunft des Circus diskutiert.

Natürlich ist einiges überzeichnet, aber immer augenzwinkernd mit einem großen Schuss Wahrheit,..

Und hier nun das besagte Statement:


"Der Zirkus muss immer wieder neue Wege gehen und Neues probieren:
gestern wurde ein neuer Ansatz geprüft: statt den Artistinnen und Artisten steht neu das Publikum in der Manege und statt dem Publikum steht der Artist im Zuschauerraum.
Der Versuch wird nun ausgewertet und durch ein siebenköpfiges Gremium geprüft.
Die Resultate der Studie werden Ende Jahr erwartet.
Bis dahin überbrücken wir hier mit einem kleinen Text, in dem sich Ursus ebenfalls über die Zukunft des Zirkus Gedanken macht:
Geschrieben hat er ihn für die aktuelle Ausgabe der Literaturzeitschrift «ORTE» (ja, der Text ist viel zu lang für einen fb-Post... aber er macht trotzdem nur Sinn, wenn man ihn zu Ende liest).

DER ZIRKUS WIRD ABGESCHAFFT :eek:
Vor langer langer Zeit gab es einmal den Zirkus.
Das war eine tolle Sache: da war ein grosses rundes Zelt, das von weitherum sichtbar war, mit hohen Masten, die die Zeltblache hielten, und drin war eine kreisrunde Arena, meist gefüllt mit Sägemehl und begrenzt mit einem Ring. Ringsum war eine grosse Tribüne, welche Platz für hunderte von Menschen bot, die direkt in die Arena, die «Manege», blicken konnten und begeistert waren ob der Attraktionen, die dargeboten wurden: in den Anfängen des Zirkus wurden aussergewöhnliche Menschen und Tiere gezeigt, die man sonst nirgends zu sehen bekam, Menschen mit zwei Köpfen oder sonstigen Anomalitäten, siamesische Zwillinge, kleinwüchsige Personen, Leute mit besonderen Talenten, es gab Völkerschauen, bei denen Rassen und Kulturen aus weit entlegenen Ländern präsentiert wurden, daneben kamen immer wieder dressierte Tiere in den Ring der Manege, Pferde, Elefanten, Löwen, Giraffen, Papageien, Bären, oft wurden die Tiere kostümiert, liefen über Holzbalken, machten Sprünge durch brennende Reifen oder fuhren auf einem Rad.

Irgendwann fand man, dass das Zurschaustellen von exotischen Menschen und Tieren nicht in Ordnung sei und hörte damit auf. Der Zirkus entwickelte sich und florierte weiter, es gab nun hauptsächlich Menschen zu sehen, die ihre aussergewöhnlichen Fähigkeiten zeigten, Jongleure, Feuerspucker, Schlangenfrauen, Trapezkünstlerinnen, Messerwerfer, Seiltänzer und Akrobaten. Tiere gab es zwar auch noch, aber man beschränkte sich auf einheimische Arten, vor allem Pferde, die man dressierte und vorführte. Statt den Löwen und Tigern gab es nun spektakuläre Stunts mit Motorrädern, die durchs Zelt flogen oder in grossen Kugeln herumfuhren.

Mit zunehmender Sorge um das Klima und die CO2-Emissionen verbannte man auch die Motorräder aus dem Zirkus. Die Messerwerfer hielten sich auch nicht lange, weil es auf einmal verpönt galt, mit Messern in Richtung einer anderen Person zu werfen, und als nächstes befand man Menschen, die sich unnatürlich verrenkten, als schlechtes Vorbild für die Gesundheit. Künstler, die mit Feuer spielten, durften aus sicherheitstechnischen Überlegungen nicht mehr auftreten und auch Jongleure wurden nicht mehr zugelassen, weil man monierte, dass die Tätigkeit des dauernden Dinge-Hochwerfens den Geist der Wegwerfgesellschaft propagiere. Leicht bekleidete Frauen, die sich an Trapezstangen, welche nun plötzlich als Phallussymbol galten, durch die Zirkuskuppel schwangen, galten nun als sexistisch und mussten sich neu orientieren und auch die Pferde waren nicht mehr zu sehen, weil man sich ganz allgemein daran störte, dass sich der Mensch über das Tier stellte.

Der Zirkus musste sich einmal mehr neu erfinden und es blieb ihm nichts anderes übrig, als nur noch Leute auftreten zu lassen, die nichts Besonderes konnten, die durch keine aussergewöhnlichen Fähigkeiten mehr hervorstachen und die sich kaum von den Menschen unterschieden, die im Publikum sassen. Es gab ein paar Jahre lang noch Shows zu sehen, bei denen Frauen und Männer zu bewundern waren, die Wäsche aufhängten oder Velos reparierten, Brot buken oder einfach an einem Tisch sassen und in ihren Laptop starrten oder telefonierten. Dass diese alltäglichen Tätigkeiten mit Musik untermalt wurden und professionell ausgeleuchtet wurden, konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eben nichts Besonderes war und als sich nach einer Vorstellung ein namhafter Kolumnist einer renommierten Tageszeitung daran störte, dass hier ganz normale Leute allein durch die Tatsache, dass man ihnen zuschaute und dafür Eintritt bezahlte, aus der Masse herausgehoben wurden, war das endgültige Ende des Zirkus nicht mehr aufzuhalten.

Die allermeisten Zirkusunternehmungen verschwanden danach von der Bildfläche, einige führten den Betrieb noch weiter und öffneten noch allabendlich ihr Zelt und ihre Zuschauertribünen, um in der Manege nichts zu zeigen, wobei immerhin Wert darauf gelegt wurde, auch dieses Nichts noch gut zu beleuchten. In der Pause wurde noch Popcorn und Zuckerwatte verkauft, es war die einzige verbleibende Einnahmequelle dieser Zirkusse, wobei nach kurzer Zeit die Zuckerwatte verboten wurde.
Wegen dem zu hohen Zuckergehalt." ;)
 
Mich würde eure Meinung zu diesem Beitrag von Urs Wehrli (Komiker "Ursus") sehr interessieren und freue mich auf eine Diskussion.
 
Zuletzt bearbeitet:
Recht hat er,aber sowas von. Mich kitzen die ganzen Gutmenschen auch nur noch an,die immer und überall was zu kritteln haben.
Alleine für Personenbeschreibungen,die über Jahrzehnte/hunderte Niemanden was machten,gibt es ja mittlerweile zig neue Berufe.die sowas überwachen,damit die nicht weiter angewand werden.So kommt es einem zumindest vor . . . .
 
Naja, meine Meinung zu dem Thema ist ja bekannt
Ich schätze Ursus und Nadeschkin sehr und ich mag ihren Humor ausgesprochen und natürlich ist das, was sie hier sagen, völlig überzeichnet...
Wobei? Ist es das wirklich?
Eigentlich nicht - denn blöderweise treffen sie halt voll ins Schwarze!
Das Problem dabei - und dafür habe ich mir ja hier auch schon eine blutige Nase geholt - ist der Mangel an wirklicher Bereitschaft, sich oder etwas zu hinterfragen. Lieber mit dem allumfassenden Argument "Das war schon immer so!" die Deutungshoheit für sich pachten und alle anderen ruhig stellen.
Gaukler, Zirkusleute und Schausteller haben schon immer davon gelebt, das Besondere, das Ausgefallene, das nicht Alltägliche zu zeigen - aber sie haben auch schon immer davon gelebt, sich neu zu erfinden. Viele, alte Traditionen sind bewahrt worden - aber genau so sind viele Dinge verschwunden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, weil sie nicht mehr interessant sind oder weil man dazugelernt hat.
Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, alte Traditionen zu bewahren, im Gegenteil. Es ist aber etwas dagegen einzuwenden, sie aus purem Selbstzweck zu erhalten und die Augen davor zu verschließen, dass man heute weiß, was man früher nicht wusste oder nicht wissen wollte.
 
Gaukler, Zirkusleute und Schausteller haben schon immer davon gelebt, das Besondere, das Ausgefallene, das nicht Alltägliche zu zeigen - aber sie haben auch schon immer davon gelebt, sich neu zu erfinden. Viele, alte Traditionen sind bewahrt worden - aber genau so sind viele Dinge verschwunden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, weil sie nicht mehr interessant sind oder weil man dazugelernt hat.
Auch aus dem Grund treten Ursus und Nadeschkin Heute im Circus auf (zumindest bei Knie) und mit ihnen viele andere bekannte Commedians und Kabarettisten.
Auch andere Unternehmen haben sich schon lange vom "klassischen Circusclown"losgesagt.Einerseits schade -andererseits auch nicht mehr wirklich massenkompatibel. Ich rede hier vom klasisc hen"Clown -nicht vom modernen Vertreter des Noveau Circque oder Ähnlichem . . . .
 
Naja, meine Meinung zu dem Thema ist ja bekannt
Ich schätze Ursus und Nadeschkin sehr und ich mag ihren Humor ausgesprochen und natürlich ist das, was sie hier sagen, völlig überzeichnet...
Wobei? Ist es das wirklich?
Eigentlich nicht - denn blöderweise treffen sie halt voll ins Schwarze!
Das Problem dabei - und dafür habe ich mir ja hier auch schon eine blutige Nase geholt - ist der Mangel an wirklicher Bereitschaft, sich oder etwas zu hinterfragen. Lieber mit dem allumfassenden Argument "Das war schon immer so!" die Deutungshoheit für sich pachten und alle anderen ruhig stellen.
Gaukler, Zirkusleute und Schausteller haben schon immer davon gelebt, das Besondere, das Ausgefallene, das nicht Alltägliche zu zeigen - aber sie haben auch schon immer davon gelebt, sich neu zu erfinden. Viele, alte Traditionen sind bewahrt worden - aber genau so sind viele Dinge verschwunden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, weil sie nicht mehr interessant sind oder weil man dazugelernt hat.
Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, alte Traditionen zu bewahren, im Gegenteil. Es ist aber etwas dagegen einzuwenden, sie aus purem Selbstzweck zu erhalten und die Augen davor zu verschließen, dass man heute weiß, was man früher nicht wusste oder nicht wissen wollte.
Perfekt auf den Punkt gebracht!
 
Jaja der Zirkus hat es schwer und das wird auch so bleiben. Die Argumente die hier mal wieder aus einer Ecke kommen, sind hingegen genauso lustig wie überzeichnet - und somit genauso satirehaft wie der oben zitiere Beitrag. Wieder endet es damit, dass andere sich hinterfragen müssen, weil andere es für falsch halten und Moral über die Moral stellen. Wie schrieb Büchner einst: Moralisch ist wenn einer Moralisch ist. In diesem Sinne lassen wir die Leute entscheiden und sagen ihnen nicht, was sie denken sollen. Da könnte dann tatsächlich der ein oder andere Mensch zwischen Mittenwald und Westerland an sich arbeiten. In diesem Sinne: „Manege frei“, der Sensenmann ist da….
 
Zuletzt bearbeitet:
Circus ist ein Relikt aus alten Zeiten. Die Gaukler und Zirkusleute brachten außergewöhnliches, unbekanntes und Dinge zum Stauen zu den Menschen. Wir sind in der heutigen Zeit völlig übersättigt. Immer schneller,höher weiter ohne Luft zu holen. Die Zirkusunternehmen können versuchen mitzuhalten werden es aber schwer haben. Vielleicht wäre eine Idee den Zirkus zum entschleunigen zu nutzen. Ein gutes, gemischtes Programm, wo der Besucher die Zeit vergisst.
Gemütliche Stühle oder Sessel, ein angenehmer Klang für die Ohren, angenehme Lichtspiele, vielleicht eine Zeitreise anbieten.
 
Vielleicht wäre eine Idee den Zirkus zum entschleunigen zu nutzen. Ein gutes, gemischtes Programm, wo der Besucher die Zeit vergisst.
Gemütliche Stühle oder Sessel, ein angenehmer Klang für die Ohren, angenehme Lichtspiele, vielleicht eine Zeitreise anbieten.
Hat Bernhard Paul schon versucht - hat nicht funktioniert . . . . :ROFLMAO:
 
Und damit hat er doch Erfolg würde ich sagen
Erfolg hat er,aber nicht aufgrund seiner Vorhaben. Zeit vergessen ? Ich gucke dauernd auf die Uhr in einer Show. Schöner Klang für die Ohren? Gibt es,aber oftmals zu eintönig und wenig abwechslugnsreich. "Gemütliche "Atmorsphäre war ihm immer shcon wichtig,"gemütliche Sitzeinrichtung"ist allerdings was ganz anderes. Der hat ja jahrzehntelang absichtlich auf Holzbänke auf den Tribünen gesetzt,weil Roncalli "kein fussballstadion"ist. Nun wurden die Bänke wenigstens mit Posltern nachgerüstet.Also auch Dieses gescheitert . . . .
Wir schweifen ab,weilö ich nur nen kleinen Scherz machen wollte . . . .
 
Erfolg hat er,aber nicht aufgrund seiner Vorhaben. Zeit vergessen ? Ich gucke dauernd auf die Uhr in einer Show. Schöner Klang für die Ohren? Gibt es,aber oftmals zu eintönig und wenig abwechslugnsreich. "Gemütliche "Atmorsphäre war ihm immer shcon wichtig,"gemütliche Sitzeinrichtung"ist allerdings was ganz anderes. Der hat ja jahrzehntelang absichtlich auf Holzbänke auf den Tribünen gesetzt,weil Roncalli "kein fussballstadion"ist. Nun wurden die Bänke wenigstens mit Posltern nachgerüstet.Also auch Dieses gescheitert . . . .
Wir schweifen ab,weilö ich nur nen kleinen Scherz machen wollte . . . .
oder er wollte ein Roncalli Bierzelt haben. :roflmao:Das wegen will er nichts gefährliches zeigen weil die Zuschauer nicht ohnmächtich werden und auf den Kopffallen.
 
Ich kann mich noch an 70er Jahre erinnern, als ich erstmals vom "Zirkussterben" in der Presse gelesen habe.

Nun rund 60 Jahre später gibt es den "Circus" in unterschiedlichen Facetten immer noch.

Es hat sich viel geändert, auch in punkto äußeres Erscheinungsbild, Ambiente, Transport-, Licht- und Tontechnik, usw.

Geblieben sind der Kampf um die Plätze und der stetige Anstieg der Kosten.

Seit dem ich das erste Mal vom "Circussterben" gelesen habe, gibt es einige große Circusunternehmen (Barum, Busch-Roland, Fliegenpilz, Willy Hagenbecck - um nur einige zu nennen) aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr. Es sind aber stattdessen auch andere erfolgreiche Unternehmen nachgekommen, wie Flic Flac und Roncall...

Der Circus hat sich seit rund 200 Jahren stets weiter entwickelt und wird dies meines Erachtens auch weiter tun...
 
Ich finde, dass der Zirkus aus stirbt. Als ich Kind war, standen bis zu vier verschiedene Unternehmen im Jahr in Neustadt an der Weinstraße immer auf der großen Festwiese. Mittlerweile kann man froh sein, wenn ein Unternehmen im Jahr mal nach Neustadt findet. die Festwiese ist zwar mittlerweile umgebaut und wäre für ein Gastspiel nicht mehr nutzbar. Aber auch vor dem Umbau hatten es die meisten nicht mehr auf den Platz geschafft, sondern sind abseits in die Industriegebiete verwiesen worden. In Mannheim stand gefühlt jeden Monat ein anderes Unternehmen, von der kleinen Klitsche bis zur ersten Liga. Das gibt es einfach nicht mehr. Selbst Flic Flac würde ich nicht mehr unbedingt als lebendiges Circusunternehmen zählen, solange man die Tournee weiterhin aussetzt und nur Duisburg plus Weihnachtsspielorte ansteuert.

Insgesamt hat sich auch die Nachfrage verändert. Die Generationen Y und Z haben ganz andere Bedürfnisse und Werte, als die Generationen davor. Entsprechend bekommt man die wenigsten an einem gewissen Alter noch für einen Zirkusbesuch begeistert. Wenn ich bei uns in der Region in Veranstaltungen war, dann waren keine Jugendlichen drin. Das waren Eltern mit kleinen Kindern oder Großeltern mit ihren Enkeln. Alles in allem schade. Aber das ist auch einfach eine Sache des Zeitwandels und nicht nur auf den Zirkus gemünzt.
 

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