Die Geschichte der Sterkrader Fronleichnamskirmes

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Geschichte der Fronleichnamskirmes

Alle Bemühungen über Stadt- und Kirchenarchive festzustellen, in welchem Jahr die Sterkrader Fronleichnamskirmes zum erstenmal stattgefunden hat, haben zu keinem abschließenden Ergebnis geführt.
In einem Verzeichnis des Landratsamtes Dinslaken aus dem Jahre 1889 ist vermerkt, daß die Festlichkeiten am Fronleichnamstag in Sterkrade seit "undenklichen" Zeiten begangen werden.

Der Ursprung der Kirmes - ursprünglich Kirchweihfest - dürfte nach urkundlich allerdings nicht belegten Auffassungen im 13. Jahrhundert zu suchen sein. Im Jahre 1281 wird die Kirche in Sterkrade erstmals als Pfarrkirche genannt. Etwa um diese Zeit wurde das Fronleichnamsfest von Belgien ausgehend in Deutschland übernommen. Es dürfte somit seitdem auch in Sterkrade gefeiert worden sein, dabei wurde neben der kirchlichen Feier auch ein Markt abgehalten.

Ein weiterer Anhaltspunkt für die Tradition der Kirmes ist in dem Antrag der Sterkrader Bauern aus dem Jahre 1851 zu sehen, für den 7. November eines jeden Jahres einen zweiten Schweinemarkt neben Fronleichnam zu genehmigen.

Mit dem allmählichen Rückgang des wirtschaftlichen Anlasses, der sonst die Veranstaltung begünstigte, verlor der Brauch jedoch nicht an Beliebtheit. Dafür sorgte der kirchliche Anlaß und die damit verbundene Feststimmung. Die kirchliche Bindung ging im Laufe der Jahrhunderte nicht wie vielerorts zurück, in Sterkrade wird noch heute an der Fronleichnamsprozession über die Kirmes und einem Altar auf der Kirmes festgehalten.

In den ersten Nachkriegsjahren lud der ehemalige englische Stadtkommandant Mair zusammen mit der damaligen Frau Oberbürgermeisterin Luise Albertz die Sterkrader Bürgerschaft zu einem offiziellen Frühschoppen ein. Ein gern geübter Brauch, der dann jedoch in den Aufbaujahren in Vergessenheit geriet und erst 1969 - auch mit Frau Oberbürgermeisterin Luise Albertz - wieder auflebte.

Die Tradition des Frühschoppens wird heute fortgeführt durch den Empfang der Bezirksvertretung Sterkrade jeweils am Freitag nach Fronleichnam.

Im Jahre 1972 wurde die Kirmes um den Montag auf 5 Tage verlängert. Ein weiterer Kirmestag wurde 1993 hinzugefügt. Seitdem wird die Kirmes am bisherigen Kirmesheiligabend, dem Mittwoch vor Fronleichnam, eröffnet. Das Startzeichen wird jeweils um 17.00 Uhr im Rahmen einer offiziellen Kirmeseröffnung durch den Oberbürgermeister der Stadt gegeben.

Im Laufe ihrer Geschichte hat die Sterkrader Fronleichnamskirmes - wie kaum ein zweites Volksfest - immer in der Stadtmitte stattgefunden. Begonnen hat alles auf dem früheren Dorfmittelpunkt, dem Kleinen Markt. Hier fand auch der Wochenmarkt statt.

Zum eigentlichen Ursprung einer Stadt, wie auch zu Sterkrade, gehört der Markt.

Kirmes und Märkte gehörten immer zu den Städten wie Arbeit und Wohnen, wie Handel, Kunst und Kultur.
Volksfest ist Brauchtum. Auch die Volksfeste im Ruhrgebiet verfügen über eine große Tradition und sind im vielfältigen Kulturleben des Ruhrgebietes fest verwurzelt. Dies gilt auch für die Sterkrader Fronleichnamskirmes, die aus dem Veranstaltungs- und Freizeitangebot unserer Stadt nicht wegzudenken ist. Die tradionelle Kirmes ist bei Schaustellern und Besuchern gleichermaßen als "Star ohne Allüren" bekannt, sie ist ein Vergnügungspark inmitten des Stadtzentrums von Sterkrade.

Im Zusammenhang mit der schrittweisen Realisierung der "neuen" Sterkrader Innenstadt hat sich die Fronleichnamskirmes in den letzten Jahren zu einer der größten Innenstadt- und Straßenkirmessen Deutschlands entwickeln können. Alljährlich wird mit bis zu einer Million Besuchern gerechnet.
 
Fronleichnam ist Kirmes in Sterkrade. Diese Erkenntnis gilt „seit Generationen“. Wann die Fronleichnamskirmes jedoch zum ersten Mal im Schatten der Clemenskirche abgehalten worden ist – darüber konnte bisher nur spekuliert werden.

Bisher! Denn zwei ambitionierte Heimatforscher aus dem Oberhausener Norden brachten jetzt Licht ins Dunkel der Kirmesgeschichte. Thomas Pawlowski-Grütz und Peter Gnaudschun stießen bei Recherchen zur Geschichte der Königshardt im Landesarchiv NRW auf einen Schriftwechsel, der den Ursprung der Sterkrader Fronleichnamskirmes klar beschreibt.

Danach feiert die Sterkrader Fronleichnamskirmes 2011 ihren 182. Geburtstag. Und das kam so …
Es war gerade ein paar Tage nach Aschermittwoch des Jahres 1825, als Bürgermeister Friedrich Anton Meurs einen Antrag an den zuständigen Landrat des Kreises Duisburg aufgesetzt hatte. Meurs unterschrieb sein Schriftstück am 21. Februar 1825, einem Montag. Anlass für seinen Antrag war eine gewisse Unzufriedenheit in Sterkrade, das zu seiner Bürgermeisterei Holten-Beeck gehörte. In Sterkrade war man unzufrieden, weil es nur einen einzigen Markttag gab.

Bürgermeister Meurs hatte deshalb geschrieben, dass „die Gemeinde Sterkrade, welche bisher nur einen Markttag im Herbste halte, [..] schon früher und neuerdings wiederholt den Wunsch geäußert [hat], dass ein zweiter Jahrmarkt am Tage des Fronleichnams-Festes, dieses Jahr auf den 2.6. fallend, und den folgenden Tag Viehmarkt angeordnet werde.“

Ein zweiter Markttag in der Gemeinde - der „Markttag im Herbste“ fand traditionell am 26. September statt - schien tatsächlich nicht zu viel für einen aufstrebenden Industrieort wie Sterkrade. In jenen Jahren zog die Gutehoffnungshütte immer mehr Menschen an und entsprechend rasch stieg auch die Einwohnerzahl: Lebten 1810 gerade 457 Menschen in Sterkrade, waren es 1823 bereits 1138 Einwohner, 1837 waren es 1477!

Was war also gegen den Wunsch nach einem zweiten Markttag einzuwenden in einer Zeit, als der Wochenmarkt in Sterkrade noch in ferner Zukunft lag [die Bezirksregierung genehmigte einen wöchentlichen Markt für Sterkrade am 9. Oktober 1835]?


Der Landrat zu Duisburg, Anton Devens, blieb dem Bürgermeister von Holten-Beeck zunächst eine Antwort schuldig. Stattdessen leitete er das Schreiben weiter nach Düsseldorf, an die Bezirksregierung. Das Schreiben traf dort im März ein - und wurde prompt abschlägig beantwortet. Die Bezirksregierung beauftragte den Landrat, das den Behörden in Holten-Beeck mitzuteilen. Und sie hatte ihre Ablehnung auch begründet: „Die Zahl der in unserem Verwaltungsbezirk vorhandenen Kram- und Viehmärkte ist bereits so übermäßig groß, dass zur Belebung des Verkehrs weit mehr ihre Verminderung als Vermehrung zu wünschen ist. Wir können daher das Gesuch der Gemeinde Sterkrade und zwei neue Jahrmarktstage keineswegs ihrem wahren Interesse angemessen finden, und beauftragen Sie, hiernach dieselbe abschlägig zu bescheiden.“

Es blieb also vorerst dabei – Sterkrade behielt seinen Markt im Herbst, und an Fronleichnam zog die Prozession durch die Gemeinde, ungestört von Markt- und Händlerständen. Doch der Wunsch blieb. Bürgermeister Meurs jedenfalls fand eine Lösung, die, wie er vielleicht vermutete, allen Beteiligten entgegen kam: Kurzentschlossen verlegte er selbst den Markttag.

Damit folgte er einerseits der Argumentation seiner vorgesetzten Behörden, denn weiterhin gab es nur einen Markt in Sterkrade, und zugleich entsprach er andererseits den Wünschen der Sterkrader, die ja ihren Jahrmarkt an Fronleichnam halten wollten. Nur vergaß der Bürgermeister, seine Lösung auch durch Bezirksregierung und Landrat genehmigen zu lassen!

Ans Tageslicht kam diese Eigenmächtigkeit, als sein Amtsnachfolger über den Verwaltungsakten brütete. Bürgermeister Ernst Beudel war erst seit kurzem im Amt nach dem plötzlichen Tod seines Amtsvorgängers Meurs (1830). Während Ernst Beudel intensiv die Marktverzeichnisse seiner Gemeinde prüfte, stolperte er über einen Eintrag vom 11. November 1829. Dort hieß es doch tatsächlich, in Sterkrade würde Fronleichnam Markt gehalten. Weitere Recherchen ergaben, dass in der Tat „der Jahrmarkt zu Sterkrade seit dem Jahre 1829 nicht mehr am 26. September, sondern am Fronleichnamsfeste gehalten“ wurde. Der Jahrmarkt in Sterkrade hatte also an Fronleichnam, am 18. Juni 1829, stattgefunden! Nur fand Bürgermeister Beudel nirgendwo die obrigkeitliche Verfügung, die eine Verlegung des Marktes angeordnet hatte.

Beudel entschloss sich, den Dienstweg zu beschreiten, und unterbreitete diese Angelegenheit dem Landrat. Landrat Devens konnte seinerseits nur feststellen, die Verlegung sei „ohne die erforderliche Genehmigung von dem verstorbenen Bürgermeister Meurs willkürlich angeordnet“ worden, und er leitete den Vorgang wieder ordnungsgemäß weiter nach Düsseldorf.
Die Bezirksregierung sah sich offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt, aber sie genehmigte mit ihrer Verfügung vom 24. August 1833 die Verlegung des Jahrmarktes – und genehmigte so den Beginn einer Tradition, die Fronleichnam 1829, also am Donnerstag, den 18. Juni, durch eigenmächtiges Handeln des Bürgermeisters Friedrich Anton Meurs ihren Anfang genommen hatte.

Somit hat Sterkrade seinen Jahrmarkt, der sich aus einer uralten Tradition entwickelt hatte, erstmals 1829 an Fronleichnam durchgeführt. Und was damals eher beschaulich als Kram- und Viehmarkt mit „sechs bis acht Krämern“ (so ein Dokument von 1831) begann, hat sich bis heute zu einem Ereignis entwickelt, das Jahr für Jahr Millionen Besucher anlockt und „in den letzten Jahren zu einer der größten Innenstadt- und Straßenkirmessen Deutschlands“ geworden ist – ein liebenswerter Publikumsmagnet, der sogar „Besucher aus den Niederlanden und aus Belgien“ anlockt: Das schönste Volksfest, das es gibt, es begann am 18. Juni 1829.
 

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