Diogenes
Stammuser
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Aus gegebenen Anlass
Immer wieder lese ich „böse“ Kommentare bezüglich des Eigentums und Vermögenswerte der Schausteller. Auch die Tatsache das sie mit Mittelbau- und Magerialwägen zu den Demos fahren wird mit großem Wohlstand gleichgesetzt. Wie heißt das so schön: „Wenn die mit diesen Fahrzeugen zum Spaß in der Gegend rumfahren können, kann es ihnen nicht so schlecht gehen!“
Das Ganze geht mir ehrlich gesagt schon auf den Keks und ist völlig unangebracht. Es setzt mir auch emotional sehr zu.
„Zum Spaß“ fährt hier keiner rum. Die gesamte Branche ist am Ende und versucht verzweifelt sich über Wasser zu halten. Wie ein Ertrinkender , der wild um sich schlägt um zu überleben, versuchen die Kollegen alles um auf sich aufmerksam zu machen. Greifen jeden Strohhalm und entwickeln Konzepte (die leider zum Großteil abgelehnt werden). Da liegen die Nerven in der Verzweiflung schon mal blank.
Und was die Fahrzeuge betrifft:
Welche Frechheit und Vermessenheit ist das denn, das die Schausteller einfach teuere Auto fahren, während ich armer Tropf mir sowas nicht leisten kann? ..... Unfassbar!
Selbst die Zugmaschinen sind große gepflegte Maschinen .......Eine bodenlose Unverschämtheit!
Und Wohnwagen haben die ....... Dekadent bis zum Äußersten!
Nun .... die teuren Autos sind meist geleast (aus steuerlichen Gründen). Außerdem werden die meisten davon zum Ziehen der Anhänger gebraucht (mit einem Dacia kann man keinen 3 t Anhänger ziehen! ).
Unsere Zugmaschinen werden eigenhändig gepflegt (gewartet, zerlegt, lackiert, getunt) weil wir darauf angewiesen sind und wir wissen was wir an ihnen haben. Die meisten sind wesentlich älter und „benutzter“ als sie äußerlich wirken.
Die großen Wohnwägen haben wir, weil wir lange Zeit mit der Familie drinnen wohnen (einige Kollegen sogar permanent, da sie kein Haus oder Wohnung haben). Alle Nichtschausteller haben Wohnungen oder Häuser. Wohnflächen von 60qm, 80qm, 100qm, 120qm oder mehr sind keine Seltenheit. Aber der 50qm Wohnwagen stellt eine Frechheit dar?
Ich verstehe durchaus das man hin und wieder etwas neidisch auf andere Personen ist. Auch ich beneide den einen oder anderen Kollegen. Allerdings bleibt das bei mir im normalen Rahmen. Aber die Art des Neids die mir teilweise in den Kommmentaren entgegenschlägt ist anderer Natur. Teilweise gehässig und tief sitzend, ja schon krankhaft. Aber warum? Weil es uns Schaustellern ja immer so gut geht.
Das Problem der Schaustellerei ist einfach das es in der Öffentlichkeit stattfindet. Während sich „private“ Firmeninhaber mit seinen Besitz hinter hohen Mauern und Garagen verschanzen können, steht bei uns alles offen sichtbar rum. Und dieses Problem erzeugt Neid, Hetze und Mißgunst.
Das es aber jeder selbst in der Hand hat, sich hochzuarbeiten um sich was leisten zu Können (das gilt für fast alle Branchen), wird gerne vergessen. Leichter ist es auf andere zu deuten, mit Halbwissen und Hetzkampagne gegen die Personengruppe vorzugehen, die anscheinend mehr haben und denen es wesentlich besser zu gehen scheint.
...... aber ich schweife ab. Zu emotional ist das Thema für mich!
Die ganze Situation ist verzwickt und demütigend für alle die in der Freizeitbranche tätig sind (Schausteller, Künstler, Gastronom, Kinobetreiber, Konzertveranstalter, etc.).
Ich berichte jetzt mal direkt wie es mir geht:
Ich habe am 24. 12. 2019 meine letzten Einahmen mit meinen Kinderfahrgeschäften eingefahren. Aufgrund eines privaten Problemes (Scheidung) habe ich keinerlei Rücklagen. Im Winter habe ich alles was ich locker machen konnte für die Renovierung und Instandhaltung meiner Fahrzeuge gesteckt, da ich dieses Jahr einige neue sehr lukrative Plätze beschicken hätten dürfen. Ich wollte einfach „einen guten Eindruck“ machen, damit ich die Plätze auch weiterhin halten darf. Nun, es kam Corona und alles brach weg. Aber wirklich alles! Es gab kein Volksfest mehr, keine Dorffeste, sogar meine langjährigen Festvermietungen wurden aufgelöst. Und nun? Die Soforthilfe war innerhalb kürzester Zeit aufgebraucht (Versicherungsverträge, Raten, Mieten,usw.).
Aber ich darf ja Grundsicherung beantragen .... Super !
Für mich war das ausfüllen der Anträge eine Demütigung unvorstellbaren Ausmaßes. Ein sozialer Abstieg den ich nie für möglich gehalten habe.Aber was blieb mir großartig übrig?
Es ist für mich schwer zu begreifen ...... ich habe/hatte einen einigermaßen gesund laufenden Betrieb. Ich hatte meine Kosten im Griff und begann mich langsam wieder finanziell zu erholen. Auch wenn ich weiß das es nicht meine Schuld war/ist das ich in diese Lage gekommen bin, ist es doch hart.
Mittlerweile dürfen ja Kindergeschäfte wieder teilweise betrieben werden, aber der Erfolg ist überschaubar.
Im Moment halte ich mich mit Gelegenheitsarbeiten und Heimarbeit über Wasser. Meine Habseligkeiten verkaufen (wie vom Amt angeraten) geht nicht, weil das Zeug quasi „entwertet“ wurde. Wer kauft heute ein Karussell, wenn er es nicht gewinnbringend einsetzen kann?
Und wie sieht es im nächsten Jahr aus ?
Die Ängste und Verzweiflung die ich durchstehen musste und immer noch muß, wünsche ich keinem. Auch nicht den Schaustellerkritischen und teilweise -feindlichen Usern die im Internet unterwegs sind.
So, ich habe fertig ! (Zumindest fürs erste)
PS: Ich fahre einen 6 Jahre alten Peugeot, habe eine 26 Jahre alte Zugmaschinen, einen 20 Jahren alten Camping (9,64m lang ! ) und der Rest meines Fuhrparks hat die 15 Jahre auch schon lange hinter sich!
Immer wieder lese ich „böse“ Kommentare bezüglich des Eigentums und Vermögenswerte der Schausteller. Auch die Tatsache das sie mit Mittelbau- und Magerialwägen zu den Demos fahren wird mit großem Wohlstand gleichgesetzt. Wie heißt das so schön: „Wenn die mit diesen Fahrzeugen zum Spaß in der Gegend rumfahren können, kann es ihnen nicht so schlecht gehen!“
Das Ganze geht mir ehrlich gesagt schon auf den Keks und ist völlig unangebracht. Es setzt mir auch emotional sehr zu.
„Zum Spaß“ fährt hier keiner rum. Die gesamte Branche ist am Ende und versucht verzweifelt sich über Wasser zu halten. Wie ein Ertrinkender , der wild um sich schlägt um zu überleben, versuchen die Kollegen alles um auf sich aufmerksam zu machen. Greifen jeden Strohhalm und entwickeln Konzepte (die leider zum Großteil abgelehnt werden). Da liegen die Nerven in der Verzweiflung schon mal blank.
Und was die Fahrzeuge betrifft:
Welche Frechheit und Vermessenheit ist das denn, das die Schausteller einfach teuere Auto fahren, während ich armer Tropf mir sowas nicht leisten kann? ..... Unfassbar!
Selbst die Zugmaschinen sind große gepflegte Maschinen .......Eine bodenlose Unverschämtheit!
Und Wohnwagen haben die ....... Dekadent bis zum Äußersten!
Nun .... die teuren Autos sind meist geleast (aus steuerlichen Gründen). Außerdem werden die meisten davon zum Ziehen der Anhänger gebraucht (mit einem Dacia kann man keinen 3 t Anhänger ziehen! ).
Unsere Zugmaschinen werden eigenhändig gepflegt (gewartet, zerlegt, lackiert, getunt) weil wir darauf angewiesen sind und wir wissen was wir an ihnen haben. Die meisten sind wesentlich älter und „benutzter“ als sie äußerlich wirken.
Die großen Wohnwägen haben wir, weil wir lange Zeit mit der Familie drinnen wohnen (einige Kollegen sogar permanent, da sie kein Haus oder Wohnung haben). Alle Nichtschausteller haben Wohnungen oder Häuser. Wohnflächen von 60qm, 80qm, 100qm, 120qm oder mehr sind keine Seltenheit. Aber der 50qm Wohnwagen stellt eine Frechheit dar?
Ich verstehe durchaus das man hin und wieder etwas neidisch auf andere Personen ist. Auch ich beneide den einen oder anderen Kollegen. Allerdings bleibt das bei mir im normalen Rahmen. Aber die Art des Neids die mir teilweise in den Kommmentaren entgegenschlägt ist anderer Natur. Teilweise gehässig und tief sitzend, ja schon krankhaft. Aber warum? Weil es uns Schaustellern ja immer so gut geht.
Das Problem der Schaustellerei ist einfach das es in der Öffentlichkeit stattfindet. Während sich „private“ Firmeninhaber mit seinen Besitz hinter hohen Mauern und Garagen verschanzen können, steht bei uns alles offen sichtbar rum. Und dieses Problem erzeugt Neid, Hetze und Mißgunst.
Das es aber jeder selbst in der Hand hat, sich hochzuarbeiten um sich was leisten zu Können (das gilt für fast alle Branchen), wird gerne vergessen. Leichter ist es auf andere zu deuten, mit Halbwissen und Hetzkampagne gegen die Personengruppe vorzugehen, die anscheinend mehr haben und denen es wesentlich besser zu gehen scheint.
...... aber ich schweife ab. Zu emotional ist das Thema für mich!
Die ganze Situation ist verzwickt und demütigend für alle die in der Freizeitbranche tätig sind (Schausteller, Künstler, Gastronom, Kinobetreiber, Konzertveranstalter, etc.).
Ich berichte jetzt mal direkt wie es mir geht:
Ich habe am 24. 12. 2019 meine letzten Einahmen mit meinen Kinderfahrgeschäften eingefahren. Aufgrund eines privaten Problemes (Scheidung) habe ich keinerlei Rücklagen. Im Winter habe ich alles was ich locker machen konnte für die Renovierung und Instandhaltung meiner Fahrzeuge gesteckt, da ich dieses Jahr einige neue sehr lukrative Plätze beschicken hätten dürfen. Ich wollte einfach „einen guten Eindruck“ machen, damit ich die Plätze auch weiterhin halten darf. Nun, es kam Corona und alles brach weg. Aber wirklich alles! Es gab kein Volksfest mehr, keine Dorffeste, sogar meine langjährigen Festvermietungen wurden aufgelöst. Und nun? Die Soforthilfe war innerhalb kürzester Zeit aufgebraucht (Versicherungsverträge, Raten, Mieten,usw.).
Aber ich darf ja Grundsicherung beantragen .... Super !
Für mich war das ausfüllen der Anträge eine Demütigung unvorstellbaren Ausmaßes. Ein sozialer Abstieg den ich nie für möglich gehalten habe.Aber was blieb mir großartig übrig?
Es ist für mich schwer zu begreifen ...... ich habe/hatte einen einigermaßen gesund laufenden Betrieb. Ich hatte meine Kosten im Griff und begann mich langsam wieder finanziell zu erholen. Auch wenn ich weiß das es nicht meine Schuld war/ist das ich in diese Lage gekommen bin, ist es doch hart.
Mittlerweile dürfen ja Kindergeschäfte wieder teilweise betrieben werden, aber der Erfolg ist überschaubar.
Im Moment halte ich mich mit Gelegenheitsarbeiten und Heimarbeit über Wasser. Meine Habseligkeiten verkaufen (wie vom Amt angeraten) geht nicht, weil das Zeug quasi „entwertet“ wurde. Wer kauft heute ein Karussell, wenn er es nicht gewinnbringend einsetzen kann?
Und wie sieht es im nächsten Jahr aus ?
- Gibt es wieder „normale“ Veranstaltungen?
- Werden die Umsätze sich erholen?
- Kann ich überhaupt die Platzgeldanzahlungen anfang des Jahres zahlen?
- Gibts zum Jahresanfang überhaupt Verträge oder bekomme ich nur noch kurzfristig Bescheid?
Die Ängste und Verzweiflung die ich durchstehen musste und immer noch muß, wünsche ich keinem. Auch nicht den Schaustellerkritischen und teilweise -feindlichen Usern die im Internet unterwegs sind.
So, ich habe fertig ! (Zumindest fürs erste)
PS: Ich fahre einen 6 Jahre alten Peugeot, habe eine 26 Jahre alte Zugmaschinen, einen 20 Jahren alten Camping (9,64m lang ! ) und der Rest meines Fuhrparks hat die 15 Jahre auch schon lange hinter sich!