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Da stimme ich dir absolut zu.
Für mich gibt es derzeit nur ein einziges Fahrgeschäft, das die Moving Heads synchron und absolut passend einsetzt: Der Shake & Roll von Schäfer. Da fragt man sich zeitweise, ob das noch ein Fahrgeschäft oder schon eine professionelle Diskothek ist.
Hab mir mal einige diesjährige Offrides angesehen, und ja, da werden die Moving Lights tatsächlich richtig gut genutzt.
Das ist allerdings auch nur die halbe Miete, denn die ganze Kiste hat ein in sich wirkendes Gesamtdesign, was das Licht angeht, und nichts klappt hier ohne das andere.
- Das fängt schon zum einen damit an, dass der Shake nicht so weit vom Breaker weg ist, und mit der Discothek-Beleuchtung besser klar kommt als bspw. viele Thrillgeschäfte.
- Dann ist da die Aufteilung von LED und Glühlicht. Das gesamte Lauflicht ist LED, zumeist einfarbig gehalten und an den markanten Punkten bewusst weissblau, gelb oder pink gelassen. Nur an wenigen Stellen - nämlich den Rückstreifen der Gondeln und dem inneren der Eiswürfel - wird effektiv durchs Farbspektrum gefahren - und zwar als Pixelmapping synchron über die GESAMTE Verteilung des jeweiligen Elements, was diese Eyecandys markant vom Rest des Geschäfts abhebt.
- Dann wird das markante kalte LED mit warmem Glühlicht aufgebrochen. Zum einen in den je acht Scheinwerfern der Gondeln, zum anderen aber auch durch die vielen Halogen-PAR-Kannen links und rechts, die beweglichen Halogenstrahler hinten, und nicht zuletzt die Tatsache, dass Schäfer noch seine normalen Lichtkästen hat. Besonders diesen wichtigen Punkt werde ich gleich noch einmal deutlicher ausführen.
- Und last but not least: Hier gibts noch "altes" Stroboskop. Auch dazu werden wir gleich ausführlicher kommen.
So, Kaffeetasse holen, jetzt wirds theoretischer. Handeln wir "kurz" mal die Thematik ab, was sich mit dem LED-Zeitalter auf der Kirmes denn eigentlich geändert hat. Viele bemerken den Unterschied, können ihn aber schlecht in Worte fassen. Das möchte ich hier mit einem kurzen technischen Abriss ändern. (Wenn die Moderation das Thema abkoppeln will, kein Ding, ich selbst belass es für den Moment im laufenden Thread, damit man's mitbekommt).
Zwei grosse Dinge haben sich geändert. Ein technischer und ein gestalterischer:
1. Der technische Unterschied zur Glühlampe ist deutlich sichtbar, aber was viele einfach nur als "kälter" verstehen, ist in Wirklichkeit der Umgang mit dem Farbspektrum. Eine Glühlampe, insbesonders eine warme, deckt hier mit Grundlicht durch Wärme viele optische Wellenlängen ab und lässt Farben in ihrer Echtheit erscheinen. Eine LED kann das nicht, sondern schiesst eine klar definierte Wellenlänge. Angestrahlte Objekte wirken genau so, wie sie in der definierten Wellenlänge aussehen, eine Überstrahlung auf andere Wellenlängen findet praktisch nicht statt.
Während also Glühlicht durch bspw. eine rote Folie lediglich den roten Teil des Spektrums primär behält und andere Teile abschwächt, existiert im roten LED-Licht einfach nur die rote Wellenlänge. Wir sehen LED-Licht also nicht grundsätzlich kälter als Glühlicht. Wir sehen einfach nur eine klare Wellenlänge, mehr oder weniger hell, bzw. an oder aus. Die Farbveränderung im Licht selbst, durch Nutzung eines Dimmers oder nur schon einer blinkenden Ansteuerung, fällt vollkommen weg.
Professionelle LED-Technik im Bühnen- oder Wohnbereich wird mitunter durch aufwändige Filterungen oder Steuerelektronik inzwischen besser und besser. Teure Geräte kommen da schon an einen sogenannten CRI (Color Rendering Index) von über 90, ausgehend von 100 für klassisches Glühlicht.
Das ist bei der klassischen Industrie-LED aber noch lange nicht erreicht, und gerade diese werden aufm Rummel bevorzugt verbaut. Wobei wir auch hier unterscheiden müssen zwischen der alten Kappenlampentechnik mit LED drunter und der RGB(W)-Exemplaren. Bei ersterer dominiert eine grundlegende Weissfarbe das gesamte Licht und lässt die Kappen die Farben subtrahieren. Damit wird lediglich das Spektrum der Weiss-LED beschnitten, nicht jedoch ein neues ausgestrahlt, was das Gesamtbild solcher Geschäfte ziemlich homogen macht (gut zu sehen ist das bspw. bei den Maier-Geschäften (Monster, Super Chaos, Big Flight). Beim RGB(W) - Gesamtbild reden wir von einzelnen Farbspektren, die das Gesamtbild immer wieder neu definieren. Gut zu sehen auch an den farbigen "Glows", die den warmen, rötlichen Schimmer, der früher über den Kirmesplätzen von weitem zu sehen war, mittlerweile abgelöst haben.
2. Der Steuerungsunterschied von "dunkel bis hell" zu "drei oder vier mal farbe plus sehr vieles anderes" ist erst mal recht unkompliziert in der Theorie. Sind halt mehrere Kanäle pro Lampe. In der Praxis bedeutet er einen massiven Unterschied, den, mit Verlaub, auch viele meiner Semipro-Branchenkollegen im Clubbereich noch nicht so wirklich verstanden haben (und dementsprechend erbärmlich sieht konzertantes Clublicht derzeit auch aus). Nicht nur teilt man sein Hirn von einem Parameter auf mindestens drei, oft bis zu acht (für den klassischen, statischen LED-Scheinwerfer) auf, nein, man trennt auch Objekt von Executor, also Lampe von der auszulösenden Stimmung, weil man für blau, weiss und gelb (als Beispiel) jetzt eben nicht mehr drei verschiedene Scheinwerfer braucht, sondern einen.
Das bedeutet, übertragen auf die Kirmes: Während im alten Zeitalter der Designer der entscheidende Gestalter war, während der Operator nur an-aus machte, und ein bestehendes Design aufleuchten liess, ist mittlerweile oft der Operator der entscheidende Faktor über den Look, dem der Designer nur noch vorausschauend zudienen kann - und das auch nur noch, wenn er nicht jeden Milimeter des Geschäfts mit Farbwechsel-LED beklebt.
Auf der Bühne ist dieser Wandel schon mit der Jahrtausendwende eingetreten, als der Moving Head den grossen Durchbruch schaffte. Hier ist man sich der Multifunktionalität seiner Werkzeuge bewusst und arbeitet aus dem Gesamtbild hinaus und sucht sich Werkzeuge und deren Tätigkeiten durch den gewünschten Look aus. Auf der Kirmes haben wir hingegen immer noch die deutliche Trennung zwischen Objektbeleuchtung zum drauf schauen und Grundbeleuchtung (ausm Lichtkasten) zum hell machen. Dass das hier nicht aufbricht, ist keine schlechte Sache, zeigt aber deutlich, dass der Bezug auf ein Gesamtbild des Lichtes immer noch für eine Komponente des Designers gehalten wird, und vor allem, niemand beim Operating an ein Gesamtbild denkt. Komplementärfarben zum Beispiel. Oder Lichtverläufe. Im Ernst. Was ich da teilweise an einem Funtime-Turm für Farbkombinationen nach oben laufen sehe, erinnert mich an gruselige Jobs, bei denen ich alles hasse, alles eigentlich auch egal ist und ich mir zwei Minuten vor Konzertstart sieben Primärfarben pro Ebene zusammendrücke, um irgendwas zu haben das besser ist als "weiss an und aus". Nur mach ich das halt abwechselnd und die Türme das gleichzeitig im Fünfmeterabstand.
(Teil 2 folgt im Nächsten Post. Zeichenlimit...)