Der Traum vom Glück ist aus
Besitzer Kaatzschmann bereits zweites Mal Opfer eines Brandanschlags
Neuruppin Mindestens 400 000 Euro Schaden entstanden bei dem Brandanschlag gestern Nacht auf den Glückspalast des Martinimarkts. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Vater und Sohn Hoffmann schauen sich die Schäden an ihrem benachbarten Moulin Rouge an.
Von Roland Becker
Dabei waren die Schausteller nach dem ersten Martinimarkt-Wochenende zufrieden. Mancher hat darauf am späten Sonntag noch ein Bier getrunken. Auch Robert Hoffmann kam erst am frühen Montag zurück in seinen Wohnwagen. "Der Junge saß im Campingwagen und schaute aus der Dachluke. Dann rief er ,Mensch, da ist ja alles rot!‘", berichtete Vater Karl Stunden nach dem verheerenden Feuer beim benachbarten Glückspalast.
Dann ging alles in Sekunden. Und doch wurden Minuten zu Stunden. Ganz schnell waren alle Schausteller aus dem Schlaf gerissen, unternahmen erste Löschversuche, tränkten die Umgebung mit Wasser, um ein großräumiges Übergreifen der Flammen zu verhindern. Knapp zehn Minuten nach der Alarmierung war die Feuerwehr zur Stelle. Der für den Markt zuständige Innenstadtmanager Erhard Schwierz lobte: "Jetzt weiß ich wieder, was wir an unserer Feuerwehr haben!"
Noch am Morgen züngeln kleine Flammen aus der Glücksritter-Ruine. Zu der Zeit wühlen sich bereits Spezialisten der Kriminaltechnischen Untersuchung durch Aschenberge und durch von Hitze verbogenes Metall. Bald wird klar, dass der Brand im Bereich der Hinterachse ausgebrochen sein muss. Einen technischen Defekt schließen die Männer aus. Gegen 14 Uhr dann ein Fund, der zum wichtigsten Beweisstück werden dürfte: Direkt an der Hinterachse wird ein Molotowcocktail gefunden. In einer schwarzen, etwa 15 Zentimeter hohen Apothekerflascher steckt noch das mit Brandbeschleuniger getränkte Tuch. Der Fund macht ratlos: Dieter Kaatzschmann hat keine Feinde. Und es gab in den vergangenen Tagen auch keinen Vorfall an der Losbude, der Erklärungsansätze für einen sorgfältig vorbereiteten Brandanschlag liefern könnte.
Eine vage Spur gibt es. Kurz vor Ausbruch des Feuers hat ein Zeuge zwei junge Männer mit großen Kuscheltieren im Arm vom Brasch- Richtung Fontaneplatz eilen sehen. Als er sie mit einem saloppen Spruch auf ihren Gewinn im Arm aufmerksam machte, rannten sie noch schneller. Die Polizei bittet das Duo dringend, sich zu melden. Laut Sprecherin Dörte Roehrs werden sie als Zeugen gesucht und um eine mögliche Tatbeteiligung zu prüfen.
14 Uhr. Eigentlich würde jetzt der Jahrmarktsspaß beginnen. Doch die meisten Fahrgeschäfte auf dem Braschplatz bleiben zu. Ihre Besitzer und Angestellten helfen dem Kollegen bei den Aufräumarbeiten. Schwere Räumtechnik ist bereits eingetroffen. Eine Stunde später kündet nur noch ein verschmortes Stahlgerüst vom einstigen Glückspalast. Langsam kehrt wieder Leben ein auf dem Martinimarkt. Die Karussells drehen sich. Doch immer wieder bleiben Menschen vor den Trümmern stehen - manche machen dumme Sprüche, andere zeigen sich erschüttert. Eine junge Frau hat spontan die Idee, zu Spenden aufzurufen.
Bei Katrin Hoffmann drehte sich bis in die Abendstunden nichts. Viele Fahrkabinen ihres Babyfluges wurden durch die Hitze beschädigt. Trotzdem ist sie froh: "Der Wind hörte in der Nacht für eine Stunde auf. Gott sei Dank. Nicht auszudenken, wenn er die Flammen über die Wohnwagen getrieben hätte, in denen auch Kinder schlafen."
Dieter Kaatzschmann ist 69 Jahre alt und hat den zweiten Brandanschlag hinter sich. Vor sechs, sieben Jahren wurde seine Losbude in Neubrandenburg abgefackelt. Zwar wurde ein Verdächtiger gefunden. Doch der widerrief sein Geständnis. Die Versicherung zahlte nicht. Der Schausteller investierte in einen neuen Wagen - vor dessen Trümmern er gestern stand.
AG Innenstadt und RA haben sich spontan entschlossen, für Dieter Kaatzschmann ein Spendenkonto einzurichten, um beim Decken der nötigsten Kosten helfen zu können:
Verkehrsverein Ruppiner Schweiz
Konto 1 730 019 494
BLZ 160 50 202 Sparkasse OPR
Kennwort: Brand Glückspalast
Quelle :
Ruppiner Anzeiger