[Presse] In der Kirmes-Boxbude

Mack Rides

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In der Kirmes-Boxbude„Blut spritzt auch, das ist ja kein Schachspielen“

HERNE Ein Schlag mit der schweren Rechten - und schon kann Schluss sein in der Boxbude von Charly Schultz. Doch die Show vor der Show toppt das Spektakel im Inneren des Zelts. Der Besitzer und seine Sprüche sind nicht nur auf der Cranger Kirmes in Herne Kult: „Blut spritzt auch, das ist ja kein Schachspielen.“



Die beste Show ist die vor dem Eingang. Und das beste daran ist die Schleifpapier-Stimme von Charly Schultz. Der Boxbuden-Besitzer klingt, als würde er mit Poliermittel gurgeln. Die Silben, die er in sein mit einem Taschentuch bespanntes Mikro spricht, dehnt er wie Kaugummi, die Boxer von seinem „Fight Club“ präsentiert er wie Klitschko-Ansager Michael Buffer mit Schnappatmung. Mit seiner Stimmgewalt übertönt er sogar das Rattern der Achterbahn gegenüber und auch die „Geisterschlange“ nebenan. Für die Moderation hat er sich schick gemacht: Der 54 Jahre alte Stuttgarter trägt einen rot-blauen Schlips, ein kurzärmliges Hemd und Pomade im Haar.

"Wer traut sich?"

„Wer traut sich?“, fragt er das Publikum auf der Cranger Kirmes in Herne im Ruhrpott. „Wo bekommt man so schnell so viel Geld?“ 2000 Euro erhält derjenige, der gegen alle sechs Boxer gewinnt. Aber das kam bisher nur einmal vor, 1986 in Schweinfurt - damals räumte ein 120 Kilo schwerer US-Soldat in der Bude gehörig auf.


Die Menschen finden schon das Spektakel vor dem Zelt toll: „Wer traut sich? Ich zahle noch im Ring aus“, ruft der Schausteller ins Mikro. Die Boxer sucht Schultz persönlich aus, die meisten holt er sich aus der Nachbarschaft, im Falle der Cranger Kirmes aus Wuppertal, Hagen oder Dortmund. „Das Ruhrgebiet ist Boxhochburg, das passt“, sagt Schultz. Auf dem Oktoberfest hingegen gibt es überhaupt keine Boxbuden. In Herne sind bei jedem Kampf bis zu 100 Besucher im Zelt. Hinterm Zelt sitzt seine Frau Angelika in einem Wohnwagen. Sie begleitet ihren Mann auf den Reisen durch Box-Deutschland.

Nur Crange, nicht Las Vegas

Auf der Bühne haben die Boxer dann Künstlernamen: „Shawn Luberts“ aus Holland oder „Mario Martini“ aus Italien hauen im Eingangsbereich vor die Sandsäcke, die an schweren Ketten baumeln. „Ich hab ja keine Weltmeister hier, so viel ist klar, wenn ich die hätte, wäre ich in Las Vegas und nicht in Crange.“ Dennoch kitzelt er das Kirmesvolk mit Stimme, Sensationen und „volkstümlichen Preisen“, wie Schultz sagt. Fünf Euro Eintritt kostet der Boxspaß, Kinder können gratis in die Bude.

Im Zelt johlt die Menge: „Gibs ihm! Los, auf die Leber“, grölen einige. Für einen jungen Mann im Ring ist nach zwei Runden Schluss, er hat sich überschätzt. Plötzlich ein Einschlag mit der schweren Rechten - das wars. Das sind die Geschichten, die sich im Innern abspielen. Immer und immer wieder.

Die Lust nach Sensation lockt

Die Mutigen vom Platz wollen Freunde beeindrucken, haben Wetten verloren oder wollen sich selbst etwas beweisen. Die Zuschauer treibt die Lust nach Sensationen in den „Fight Club“. „Naja, ich arbeite hier ja nicht mit Maschinen, da kann immer etwas passieren. Blut spritzt auch, das ist ja kein Schachspielen“, findet der Budenbesitzer. Im Ruhrpott steigen auch Frauen in den Ring. Schließlich hat Schultz auch eine Boxerin im Programm, die allerdings auch gegen Männer kämpft.

Die Boxbude lebt von der Illusion, dass sich jeder im Leben durchschlagen kann, doch wie im Leben klappt das auch im „Fight Club“ nicht immer. Wenn einer der Amateurboxer einen Kampf verliert, bekommt er das Preisgeld von seinem Gehalt abgezogen, so Schultz.

Faszination: Kampf Mann gegen Mann

Schultz ist ein Schaustellerkind aus dem Saarland. Seine Eltern zogen mit einer Illusionsschau von Jahrmarkt zu Jahrmarkt - die dickste Frau, ein Mann mit zwei Köpfen, schwebende Jungfrauen, Live-Enthauptungen. Schultz entschied sich für den Kampf: Mann gegen Mann. Erst aber machte er eine Lehre als Kürschner. „Doch dann wollte niemand mehr Pelze haben.“ Und so zog es ihn in den Ring. 1979 habe er im Vorprogramm von Muhammad Ali gekämpft, erzählt er stolz. Seit 1984 hat er die Boxbude. Bis zu zehn Kirmesplätze bespielt er damit pro Jahr. Und bei jeder Show ist die Bude voll. Es läuft gut, denn das Streben nach immer höher, schneller, weiter in der Schaustellerbranche habe sich gelegt. Wahrsager, Steilwandfahrer und eben Boxer kehren zurück auf die Rummelplätze. „Es ist ein Trend, das Altbewährte wieder zurück zu bringen“, sagt er.


quellenangabe:

http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/region/hierundheute/-Blut-spritzt-auch-das-ist-ja-kein-Schachspielen;art1544,1728886
 
Die Boxbuden sind irgendwie nicht so mein Ding .
 
Schöner Bericht.

Ich finde es KLASSE, das man immer noch Boxbuden,Steilwandfahrer, Schaubuden (Revue der Illusionen), etc.
auf den PLätzen bewundern kann !!

Weiter so !!!
 

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