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Wiesn-Schläger immer brutaler

Eine schaurige Steigerungsrate: Die Zahl der schweren Körperverletzungen ist in diesem Jahr um 30 Prozent gestiegen - ein Festbesucher aus Italien liegt nach Prügelei auf der Intensivstation.
Von Markus Hinterberger und Claudia Wessel


Kurz vor Ende des 173. Oktoberfests ziehen Stadt und Polizei erste Bilanz beim Thema Sicherheit: Immer häufiger wird immer brutaler zugeschlagen. Die Zahl der schweren Körperverletzungen stieg um 30 Prozent. Unter den Tätern sind Einheimische wie Touristen. Auch ein Schausteller befindet sich unter den Schlägern. Die Polizei sieht darin eine generelle "gesellschaftliche Fehlentwicklung".

Es war am Samstagabend, kurz vor 22 Uhr, als der angetrunkene Wiesntourist Michael L. mit einem Festbesucher aus Italien in Streit geriet. Der 22 Jahre alte US-Soldat prügelte mit bloßen Fäusten derart auf seinen Kontrahenten ein, dass der 34-jährige Italiener kurzzeitig in Lebensgefahr schwebte und noch immer auf der Intensivstation in einem Münchner Krankenhaus behandelt wird.

Zwei Abende zuvor ein ähnliches Bild: In der Nähe des Spiegelkabinetts kommt es zu einem Gerangel von zwei angetrunkenen jungen Männern und der Tochter des Schaustellers. Der Vater eilte seiner Tochter zu Hilfe; in der Hand einem 33 cm langen Schraubenschlüssel, zum Zuschlagen bereit.

Einer der jungen Männer liegt noch immer im Koma, die Platzwunde des anderen musste mit zahlreichen Stichen genäht werden. Die Polizei nahm den 45 Jahre alten Tatverdächtigen am Freitag fest. Er hat inzwischen ein Geständnis abgelegt.


"Die Wiesn ist ein Spiegel der Gesellschaft, und die verroht zunehmend", sagt die Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl. Sie zeigte sich bedrückt darüber, dass immer häufiger zugeschlagen werde. "Es ist eine Art Sprachlosigkeit, die sich da zeigt", sagt sie.

Wolfgang Wenger, der Sprecher der Münchner Polizei, teilt diese Auffassung, will aber das Oktoberfest nicht dramatisieren. "Es ist brutaler geworden, auf der Wiesn wie auch anderswo", sagt er.

Diese "gesellschaftliche Fehlentwicklung", von der Weishäupl und Wenger sprechen, äußert sich in der Polizeistatistik. Bis zum Sonntagmorgen hatten die Beamten 260 Körperverletzungen gezählt, darunter 119 schwere Körperverletzungen, die einen längeren Aufenthalt in einer Klinik erforderlich machten.

Eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, wo es bis zum 15. Wiesntag 220 Körperverletzungen davon 91 schwere Körperverletzungen gab. Die Zahl der schweren Körperverletzungen stieg mit 30,7 Prozent um fast ein Drittel.

Fäuste sprechen lassen

Ähnliche Steigerungsraten gebe es aber auch bei der Gewalt außerhalb der Wiesn, erklärt der Polizeisprecher. "Die Aggressionsrate steigt. Es ist populär, statt Worten die Fäuste sprechen zu lassen", sagt er. Zudem werde immer öfter nachgetreten. "Früher war ein Gerangel zu Ende, wenn einer auf dem Boden lag, heute geht es noch weiter". Neben der Faust wird immer häufiger der Maßkrug als Waffe eingesetzt.

Ob geworfen oder zur Unterstützung der eigenen Schlagkraft, immer dort, wo die schweren Gläser im Spiel sind, handelt es sich um eine schwere Körperverletzung. Den typischen Schläger gebe es jedoch nicht. "Sowohl Einheimische als auch Touristen schlagen zu", sagt Wenger. Insgesamt 300 Beamte tun täglich ihren Dienst rund um die Wiesn.

Insgesamt blicke die Polizei jedoch auf eine normale Wiesn zurück. Auch Weishäupl relativiert die Ereignisse "angesichts von bereits gestern sechs Millionen Menschen auf der Wiesn". Dennoch bedrücke sie jeder einzelne Fall. Die Tat des Schaustellers habe keinen Einfluss auf das Verbleiben des Geschäfts auf der Wiesn, da er der Ehemann der Inhaberin und damit nicht der Vertragspartner der Stadt sei.


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