Schaustellerverbands-Chef Fritz Heitmann

Markus Förster

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Mindestlohn kostet viel Zeit


Münster -
In einer Woche beginnt der Frühjahrssend auf dem Schlossplatz. Fritz Heitmann (65), seit 25 Jahren als Vorsitzender des Schaustellerverbandes Münsterland, berichtet von den Auswirkungen des Mindestlohns und die Perspektiven der Großveranstaltung.



In einer Woche beginnt der Frühjahrssend auf dem Schlossplatz. Für viele Schausteller der Start in eine lange Saison, die mit der Einführung des Mindestlohngesetzes auch für das reisende Gewerbe Veränderungen mit sich bringt. Dazu kommen die Probleme, junge Menschen im Internet-Zeitalter überhaupt noch für das Rummelplatzvergnügen zu begeistern. Die Familien als wichtigste Send-Zielgruppe sind auch nicht mehr „verlässliche Kunden“, die Konkurrenz durch gut aufgestellte Freizeitparks wächst. Mit Fritz Heitmann (65), seit 25 Jahren als Vorsitzender des Schaustellerverbandes Münsterland aktiv, sprach unser Redaktionsmitglied Helmut P. Etzkorn.

Was bedeutet das Mindestlohngesetzt für Sie als Schausteller?

Heitmann: Auf jeden Fall mehr Arbeit. Wir müssen tagtäglich alle Einsatzstunden der Mitarbeiter dokumentieren. Es reicht nicht mehr, alles daheim auf dem Computer einzupflegen. Ich muss bei den häufigen Überprüfungen irgendwo auf den Kirmesplätzen immer die komplette Buchführung vorweisen können. Der Zeitaufwand ist unverhältnismäßig hoch und nimmt mir Stunden, in der ich mich eigentlich um meine Wildwasserbahn kümmern müsste. Ab einem Einkommen von 1800 Euro Monatslohn sollte die strenge Aufzeichnungspflicht wegfallen. Das wäre für alle besser.

Profitieren denn die Mitarbeiter vom Mindestlohn?

Heitmann: Möglicherweise bei kleineren Betrieben, die bislang weniger als den Mindestlohn gezahlt haben. Meine Rumänen und Polen bekommen schon lange rund neun Euro Stundenlohn, im Monat sind das zwischen 1770 und 2000 Euro.

Und die Arbeitszeiten?

Heitmann: Genau das ist unser Problem. Die Leute dürfen maximal zehn Stunden am Tag arbeiten. Beim Aufbau einer Wildwasserbahn brauche ich aber die Mitarbeiter an drei Tagen deutlich länger, dafür haben die Männer dann während der eigentlichen Kirmeszeit viel Leerlauf. Mit Leiharbeitern und Minijobbern kann ich mich selten behelfen, weil wir für die komplizierten Aufbau verlässliche Fachkräfte brauchen. Die „jungen Männer zum Mitreisen“ gibt es in einem technisierten Gewerbe kaum noch. Und jede Spontan-Überprüfung durch den Zoll legt den Betrieb für Stunden lahm. Das ersetzt mir niemand. Bis die Bahn betriebsbereit ist, habe ich schon 50 000 Euro Fixkosten, die erst einmal eingefahren werden müssen.

Da kommen Ihnen ja die langen XXL-Sendtermine über zwei Wochenenden im Frühjahr und Herbst entgegen, oder?

Heitmann: Auf jeden Fall. Wir haben jetzt mit der Stadt vereinbart, dass es auf Dauer dabei bleiben soll. Wir zählen bei den XXL-Terminen bis zu 500 000 Sendbesucher, 30 Prozent mehr als im Sommer. Die Menschen haben mit den Füßen abgestimmt, schon deshalb hat sich der Versuch bewährt. Und wir bekommen Schausteller mit besonderen Attraktionen nach Münster, die für fünf Umsatztage nicht anreisen würden.

Wie geht es weiter mit dem Send?

Heitmann: „Der Studentenabend mit 20 Prozent Rabatt war trotz Regen ein Erfolg und wird dauerhaft etabliert. Wir müssen junge Menschen für die Kirmes begeistern. Trotzdem bleibt die Familie unsere wichtigste Zielgruppe. Doch auch wir bekommen die Konkurrenz der Freizeitparks mit deren Highlights zu spüren, geändert hat sich auch die Besucherfrequenz. In Zeiten von Ganztagsbetreuung und Lernstress kommen wochentags kaum noch junge Leute, deshalb wird das Wochenende für uns als umsatzstärkste Zeit immer wichtiger.

Kommt denn jetzt ein Bierzelt wie auf dem Oktoberfest oder beispielsweise beim Stoppelmarkt in Vechta?

Heitmann: Garantiert nicht. Davon würden ein paar Wirte profitieren, alle anderen 200 Schausteller aber verlieren. Der Send darf nicht zum Ballermann werden. Sonst bleiben die Familien weg und das ist schlecht für das Image und unsere Kassen. Der richtige Mix aus Action, Spaß und neuen Fahrgeschäften an einem attraktiven Standort mitten in der Stadt macht ein gutes Volksfest erfolgreich.

Haben die Familienbetriebe überhaupt noch eine Zukunftschance?

Heitmann: Ich glaube ja. Wir sind nun schon in der 6. Generation seit 1800 unterwegs und es liegt uns einfach im Blut, vom März bis zum November im Wohnwagen Deutschland zu erkunden. Aktuell ist die Familie Heitmann mit drei Wildwasserbahnen im Geschäft, um die Weihnachtszeit kommt der Glühwein dazu. Endlich wird auch mehr für die Ausbildung unserer Kinder getan. Es gibt Stützpunktlehrer und zusätzliche Internet-Angebote. Mit dem Ziel, dass auch ein Schaustellerkind Abitur machen kann, obwohl es immer in einer anderen Stadt die Schule besuchen muss. Nur ein gut ausgebildeter Nachwuchs hat Chancen, in unserem Gewerbe auch in der nächsten Generation erfolgreich zu bleiben.

Wird sich an den Preisen etwas ändern?

Heitmann: Nach oben drehen können wir die Preisschraube nicht. Okay, ein Familienwochenende in einem Freizeitpark kostet schnell mal 500 Euro. Bei uns auf dem Send reichen 100 Euro, um einen schönen Nachmittag für alle verleben zu können. Preise und Leistungen müssen eben stimmig bleiben, auch wenn ein neues Fahrgeschäft schnell mal eine Millionen Euro in der Anschaffung kostet und es Regentage gibt, an denen wenig läuft. Große Betriebe wie wir können das verkraften, aber für die kleinen Unternehmer und Familien kann das auch schnell mal existenzbedrohend werden.


Quelle: http://www.wn.de/Muenster/1939584-Schaustellerverbands-Chef-Fritz-Heitmann-Mindestlohn-kostet-viel-Zeit
Wenn es so weiter läuft mit dem Send dann wird er irgendwann abgeschafft weil niemand mehr hingeht. Und eine Kirmes mit einem Freizeitpark zu vergleichen. Ist wie Birnen und Äpfel zu vergleichen
 
Markus Förster schrieb:
Und eine Kirmes mit einem Freizeitpark zu vergleichen. Ist wie Birnen und Äpfel zu vergleichen
Ob der Vergleich angebracht ist,darüber kann man streiten.Ich kenne aber viele Leute,die genau diese beiden Freizetieinrichtungen miteinadner vergleichen.Dann ,denke ich,darf es ein Schaustellersprecher/Chef auch machen!
Und das mit dem "schönen Kirmesnachmittag für alle in der Familie für 100 Euro kommt natürlich so absolut nicht hin.Zumindest nicht bei uns! :biggrin_mini2: Entweder reichen die 100 Euro nicht,oder es wird eben kein schöner nachmittag für alle . . . . :wink:
 
Heute in 2 Stunden auf m Dom ca 80 Eur ausgegeben mit 2 Kindern je 4 und 2 Jahr alt. Ich bin nur 1 x Monster gefahren und Chaos Airport alle zusammen .... wenn der Nachmittag kurz ist kommen die 100 Eur hin :-D
 

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