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Ich denke, dass viele Schausteller sich nicht in die Lage eines Angestellten versetzen können. Einige Kirmesfans sind sicher selbst auch noch nicht mitgereist. Daher werde ich jetzt mal meine Sicht der Dinge schildern.
Kurz zu mir: Ich bin einige Jahre fest mitgefahren (angefangen in den 90ern). Dabei habe ich, wenn es meiner Meinung nach nicht mehr passte, die Betriebe gewechselt. Allerdings habe ich immer rechtzeitig Bescheid gesagt. Ich bin also nicht über Nacht und Nebel abgehauen. Später habe ich an manchen Wochenenden noch aushilfsweise auf der Kirmes gearbeitet. Dann habe ich in den meisten Fällen ebenfalls dort übernachtet.
Ich habe einen mittleren Schulabschluß, eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung, spreche Deutsch, Englisch und Französisch (so konnte ich auch schon ganz gut in Luxemburg und auf den damals legendären Amifesten rekommandieren), bin sauber, kein Säufer, kann rechnen, lesen, schreiben, relativ gut rekommandieren, habe alle Führerscheine, habe einen Schweißer- und einen Elektrikerlehrgang gemacht., und hatte damals schon ein Gesundheitszeugnis. Ich denke, dass waren prinzipiell ganz gute Voraussetzungen.
Ich nenne natürlich bewusst keine Namen von irgendwelchen Schaustellern, aber will das ganze mal zusammenfassen:
1. Schausteller Breakdance: 200 DM/Woche (davon wurden 50 Mark gespart), kleines Miniabteil mit 2 Personen, Dusche im Mannschaftswagen, aber kein WC (muss man morgens immer gucken, wo man sein Geschäft macht. Vor allem wenn der Platz irgendwo im nirgendwo ist). Frau hat mehr schlecht als recht gekocht, 4xWoche Spaghetti
2. Schausteller Imbiss+Verlosung: 150 DM/Woche + Provision vom Losverkauf (wenn ich rekommandiert habe, dann 30DM extra am Tag). Kleines Abteil mit Etagenbett im hinteren Bereich der Verlosung. Bad war im LKW vom Imbiss. Wenn der einen anderen Platz gehalten hat, Pech gehabt. Essen immer aus dem Imbiss, ansonsten kein Mittagessen, nur Abendbrot. Geschmiert von der Frau oder 5 Mark.
3. Schausteller: sehr bekannter Schausteller mit einem Unikat als Fahrgeschäft: 50 DM/Tag, dafür Selbstversorger. Mannschaftswagen uralt und unter aller Sau.
4. Schausteller: Großverlosung: Während der Woche rekommandieren (50 DM/Tag), am Wochenende Lose verkaufen (kein Fixum, nur Provision), Unterbringung in einem Container auf der Zugmaschine, zwischen Plüsch!!! Der Container wurde nämlich auch als Lager genutzt.
5. Schausteller wieder Break Danke: 300 DM/Woche (sehr viel!), gutes Essen, morgens immer frische Brötchen, Unterbringung eigentlich im Mannschafts-LKW mit Dusche und WC. Als Rekommandeur hatte ich aber ein kleines, eigenes Abteil im vorne im Packwagen. Dummerweise wurden zwischen Ab- und Aufbau die Boxen auch darin gelagert.
6. Fadenziehen: 250 DM/Woche, eigener Camping ohne Dusche und WC, Wasser aus dem Hahn ist nur rausgeblubbert, Essen war gut, Mittags kochte Chefin, fürs Frühstück und Abendessen gab es 50 DM/Woche zum Selbereinkaufen.
7. Bekannter Schausteller mit (damals) 3 Fahrgeschäften: 300 DM/Woche, dafür ununterbrochen alle Geschäfte auf- und abbauen, ständig Transporte fahren (nach dem Abbau ohne Schlafen), fünf Mal/Woche Pommes Currywurst, abends ein Brot, zwei Pakete billigste Wurst und zwei Pakete Käse für alle fünf Mitarbeiter, Wenn man nach seinem Geld fragte hat der direkt rumgeschrien konnte man froh sein, wenn man mal 10 Mark für Zigaretten bekommen hat. Selbst der jüngste Sohn ist bei seinem Vater abgehauen
8. Schausteller Fahrgeschäft (ebenfalls Unikat): nur rekommandieren ohne Auf- und Abbau, dazu Transporte fahren, 80DM/Tag, Selbstversorger, auf dem ersten Platz zahlte man noch 30DM für eine Pension, ab dem zweiten Platz sollte ich auf der Pritsche in der Zugmaschine schlafen. Im Winter, ohne Standheizung!
So viel zu dem Thema. Das waren einige Beispiele, die ich selbst erlebt habe.
Zanderle bisch dus?