Nun war ich, wie beschrieben, einige Zeit nicht mehr auf dem DOM. Letzte Woche brauchte meine Frau neue Schuhe (*wie selten kotz*). Da hier in unserem netten Schleswig-Holstein vorwiegend Gummistiefel zum Kauf angeboten werden, führte uns der Weg natürlich nach Hamburg.
In Hamburg angekommen wurde meine Frau (Gott hab sie selig) sehr schnell, schon nach drei oder vier Stunden, fündig, was ihre Schuhe anging. Ein kleines Vermögen, aber was soll´s! Meine eigenen Schuhe halten noch zwei Jahre, da hab ich wieder was gespart!
Nun ging es endlich zum DOM. Ich fuhr wie immer in die Simon-von-Utrecht-Strasse. Da ist direkt am Anfang, gleich schräg gegenüber vom DOM ein Hotelkomplex. Da parke ich dann immer in der Hotelvorfahrt. Um das Ganze dem Personal gegenüber noch glaubhafter zu machen, springe ich dann schnell ins Hotel rein und rufe über die vollbesetzte Rezeption: "Ich pack nur aus und bin dann wieder weg". Interessiert sowieso niemanden.
Also lasse ich mein noch lange nicht bezahltes Auto dort kostenlos stehen. Dann geht's nur noch über die Strasse, und schon sind wir auf dem DOM.
Welch eine Überraschung! Das Steiger Riesenrad! Mensch, damit hätte ich ja gar nicht gerechnet! Das das auf dem DOM steht, ist ja ein Ding! Das stand doch erst gefühlte dreitausend Mal da! Ich frage mich, ob die zwischendurch überhaupt abbauen, oder ob die zwischen den einzelnen DOM-Veranstaltungen einfach ein Gerüst aufbauen und das Rad mit einer Plane behängen. Also gut, immer das gleiche Riesenrad ist nicht das Schlimmste. Wir gehen weiter unseren Weg.
Unterwegs sehen wir einen Automatensalon. Da hab ich früher gerne mal gespielt. Ich war drauf und dran dort einzukehren. Allerdings stoppte ich kurz, als ich in der oberen Reihe die Hauptgewinne sah. Da stand doch tatsächlich ein Fahrradanhänger, den ich schon aus früheren Jahren kannte! Das war auch daran zu erkennen, dass die Gabel, die an den Gepäckträger kommt, schon vollkommen verrostet war. Meine Lust ist mir im Nu vergangen. Ich ließ mir aber nichts anmerken, um meiner Frau nicht die Laune zu verderben, die in ihren neuen Schuhen freudig neben mir her stolzierte.
An den meisten Fahrgeschäften lief ich achtlos vorbei, weil sie irgendwie uninteressant für mich waren. Ich freute mich nicht wie früher. Es gab keine Überraschungen, kein WOW-Effekte. Meine Frau merkte, dass ich nicht besonders amüsiert war und so schlug sie mir vor, dass wir in einen Ausschank gehen, uns gemütlich dorthin setzen. Ich könne auch Alkohol trinken, sie würde den Rückweg fahren. Welch ein Angebot! Erst hatte ich Angst, dass sie noch ein paar Schuhe will. Aber das klärte ich sofort ab.
So kehrten wir in den nächsten Ausschank ein. Wir setzen uns an die Theke, und wurden fast freundlich bedient. Etwas lustlos die Dame. Aber in dem Alter hätte ich auch keine Lust mehr gehabt zu arbeiten. Und von dem was ich bestellte, ein Astra, eine Cola Zero und ein Küstennebel, hätte sie sich sicher keine zweite goldene Rolex leisten können, wie die, die sie schon am Arm trug.
Trotzdem war die Musik ganz gut. Viele Lieder aus den 80ern und 90ern, besonders die, die damals auch die Schausteller gerne hörten. So wie "Ich liebe das Leben" von
Vicky Leandros oder einige Songs von
Barry White. Ich weiss, nicht jedermanns Geschmack, aber ich fand es cool.
Der Alkohol gab den Rest dazu. Zu jedem Astra hatte ich drei Küstennebel. Jedes Mal musste ich die Rolex-Oma wieder zu mir rufen, denn von alleine kam sie nie, um zu fragen, ob wir noch was wollten.
Nach der dritten Runde (oder vierten, wer weiss das schon so genau) stellten sich drei Männer neben uns. Ich hatte ja schon ein bisschen vorgeglüht und so ging mir, besonders von dem einen, das dumme Geschwätz schnell auf die Nerven. Nicht, dass ich sonst streitsüchtig bin, wirklich nicht. Aber in dem Fall war das echt extrem. Die trugen alle Drei ganz wichtig Anzug mit Krawatte. Und der Eine erzählte ununterbrochen, wie stark er im Business sei und dass er alleine letztes Jahr etliche hunderttausend verdient hat. Irgendwann wurde es mir zu blöd.
Die Bedienung stand gerade neben uns, da drehte ich mich rum, zog der Laberbacke an der Krawatte und rief dabei: "Ding Dong. Küstennebel für alle."
Alle Drei und meine Frau waren etwas erschrocken. Aber ich musste echt lachen. Das war so eine Situationskomik. Der andere nahm es auch mit Humor, und er nahm für 40 Euro die ganze restliche Flasche. Das war seit langem die Coolste Aktion die ich auf dem DOM erlebt habe.
Jedenfalls musste ich dann erstmal was essen. Meine Frau bereute bereits zutiefst, dass sie anbot, den Rückweg zu fahren.
Wir sind also zum Pizzastand. Ich nenne jetzt hier extra keine Namen.
Die Pizza lag in der Auslage. Ja, man kann sagen, sie sah fast lecker aus. Zumindest mit knapp eineinhalb Promille im Turm. Ich bestelle mir also ein Stück. Da schiebt der Angestellte, keine Ahnung was seine Muttersprache war, deutsch jedenfalls nicht, das Pizzastück nochmals in den Ofen. Ich hasse den Geruch von halbwarmer Pizza, die nochmals halbwarm gemacht wurde!!! Egal, da muss was in den Magen. Lustige vier Euro bezahlt. Ich beiße zweimal rein und werfe sie dann im hohen Bogen in die Mülltonne, bevor ich kotzen muss.
Dann lieber eine Bratwurst. Oh lecker, hier kann man sich die Farbe der Bratwurst also aussuchen:
Entweder kohlrabenschwarz oder noch ganz weiss. Etwas dazwischen gibt es leider nicht. Was will man als Besucher auch erwarten für 3,50 Euro? Dazu hätte es auch noch EINE schöne Scheibe billigen Toast von Kaufland gegeben!
Meine Frau merkt wie meine Stimmung Richtung Nullpunkt tendiert und mein Aggressionspotential größer wird. Sie ist schlau. Also schlauer als ich, das ist nicht schwer. Sie sagt mir, dass wir jetzt zu Dr. Archibald gehen. Dann würde es mir wieder richtig gut gehen und dann hätte sich der DOM-Besuch gelohnt. Ich höre immer auf meine Frau. Wir also schnellen Schrittes zu Dr. Archibald. Toll, so ein großes Geschäft! Aber irgendwie sinnlos wenn es nicht funktioniert.
Ich erinnere mich an die vielen Kommentare im Kirmesforum, dass ich schon seit einiger Zeit oft lese:
Wahnsinn! Man muss Respekt vor einem Schausteller haben, der 5 Millionen investiert!
Jetzt stehe ich also leibhaftig davor und stelle mir zwei Fragen:
Die Erste: Muss ein Schausteller, der einen Dr. Archibald baut, der nicht funktioniert, vielleicht selbst mal zum Doktor?
Die Zweite: Wenn jetzt irgendein Herr XY für 5 Millionen Euro auf dem Heiligengeistfeld ein Museum gebaut hätte, das nicht genutzt werden könnte, weil er nicht damit gerechnet hat, dass bei Hitze die Türen nicht aufgehen, würde man den auch loben, dass er fünf Millionen investiert hat, oder würde man über den, wenn es kein Schausteller wäre, schreiben, dass er komplett bekloppt sein muss?
Wenn der in seiner Halle stehen geblieben wäre, könnten hier drei anderen Schausteller mit ausgereiften Geschäften ordentliches Geld verdienen und die Besucher glücklich machen.
Ich reisse mich wirklich zusammen, aber meine Frau merkt, das meine Laune nicht besser wird. Also schlägt sie vor, dass wir sicher noch was Gutes zu essen finden.
Gegenüber ist ein Pommes-Stand. Nicht meine erste Wahl, aber ich habe jetzt wirklich Hunger. Ich bestelle einmal dicke Pommes mit Mayo. Dann denke ich, ich gucke nicht richtig! Da haut der eine Schaufel Pommes in die Fritteuse, die schon mal fertig waren! Also keine frischen! Ich frage ihn ganz nett, warum er die zweimal frittiert, und dass ich für 4 Euro gerne frische haben möchte. Daraufhin meinte er, es sei an Wochentagen nicht viel los und er könnte die nicht wegwerfen.
Daraufhin gab er mir anstandslos mein Geld zurück. Wenigstens das.
Nun wollte meine Frau mich aufmuntern. Sie meinte: "Schau, da kann man die Achterbahn gut sehen!" Ja, die wunderbare Achterbahn. Die Teststrecke! Welch eine Überraschung! Und die ist ja so selten hier!
Nun wollte ich meiner Frau aber den Tag auch nicht verderben. So blieb ich an der Schießbude stehen, um ihr, wie früher, eine Rose zu schiessen. Ich nahm das Gewehr in die Hand, als ich mich aufstützen wollte, wurde mir das von dem Betreiber untersagt. Also hielt ich das Gewehr wackelig in der Luft fest. Ich war mir sicher geradeaus zu zielen. Aber wenn ich nach vorne auf die Rose zielte, zeigte der Lauf des Gewehrs immer auf das linke Ende des Wagens wo die Pyramiden standen. Das Gewehr war ungefähr so gerade wie die langgezogene Kurve auf der A23 zwischen Hamburg und Heide. Natürlich habe ich mit zehn Schüssen kein einziges Röhrchen abgeschossen. Vielleicht war ich auch einfach zu doof. Es gab leider nicht mal einen Trostpreis. Dabei wollte ich doch nur eine Rose für meine Frau.
Nun kamen wir an einem bekannten Grill vorbei, an dem es Steak mit Krautsalat gibt. Früher habe ich hier gerne mal was gegessen. Frohen Mutes bin ich also zielstrebig dahin. Als ich die Preise sah, ist mir fast schlecht geworden. Für das Geld bekomme ich im angesagtesten Restaurant in Hamburg ein Rinderfilet vom glücklichsten Bio-Ochsen der Welt, dem man vor der Reise in den Schlachthof noch eine Massage mit Happy-End verpasst hat!
Auf dem Weg zum Ausgang wollte meine Frau noch einen Crêpes essen. Wenn die nicht sehr schlanke Frau (wie auch immer die in den kleinen Wagen reinkam) sie wahrgenommen hätte. Aber die hatte gar keine Zeit für Kunden, denn sie tippte ununterbrochen auf ihrem Handy rum.
Jetzt stand da noch ein Greifer, in den ich zwei Euro warf. Ich holte tatsächlich eine Uhr raus. So eine gelbe ICE Watch Imitation. Also sagen wir mal Imitation von der Imitation. Leider lief die nicht. Ich sagte dem Chefgeldwechsler Bescheid. Der antwortete, dass er sie nicht tauschen könne, da keine Garantie drauf sei!
Das war ein schöner Tag auf dem DOM!
Hamburg und Köln sind beides schöne Städte. Aber sie haben eines gemeinsam. Sie können beide keine Kirmes!
